Angenehm unangenehm
Ich erinnere mich, dass ich mir als Kind manchmal bewusst die Hoffnung auf Erfolg oder auf das Eintreten eines erfreulichen Ereignisses kleingeredet habe, um nicht enttäuscht zu werden. Schon früh das negative Denken eingeübt, sozusagen.
Von Shitney Beers kann ich nicht enttäuscht werden, weil Shitney Beers sowohl solo als auch mit Band einfach funktioniert und die Konzerte stets warnend mit den unwahren Worten: „Jetzt wird’s unangenehm!“ eingeleitet werden.
Hätte Shitney diesmal auf der Tour die Band bestehend aus Raffi, Michel und Gabriel nicht um sich, wäre es allerhöchstens für Shitney selbst unangenehm, denn diesmal ist Shitney Beers als Headliner unterwegs. Das erhöht den Druck, denn da ist verkacken jetzt nicht mehr so unspektakulär möglich wie als Support-Act.
Die Wahrheit ist: Shitney Beers kann gar nicht verkacken und etwaige kleine Fehler erhöhen höchstens die Sympathie, die man für diese Künstlerperson empfinden muss. Ja, muss! Also nicht „muss“ im Sinne von Zwang sondern „muss“ im Sinne von „es geht nicht anders“.
Das Schöne ist, dass das Schöne (Stimme, Gesangslinien, Melodien) immer wieder gebrochen wird. Textlich von Zweideutigkeiten, von Erzählungen über Verfehlungen in Liebesdingen und zwischenmenschlichen Beziehungen generell. Und von der einen oder anderen schrammeligen Punknummer.
So gehen Maxi Haug und das Alter Ego Shitney Beers gelegentlich doch Hand in Hand ... neee Quatsch! Natürlich zeigen sie sich den Stinkefinger - aber liebevoll!
Angenehm unangenehm dagegen ein Konzert von Das Sterben. Musik und Texte des Trios sind düster wie der Blick in einen Abgrund. Genauer der Blick auf das menschliche Dasein als solches. „Wir haben nichts zu verlieren, denn wir sind geboren um zu sterben aber das Dazwischen muss nicht sinnlos sein. Denk mal drüber nach!“
So oder so ähnlich verstehe ich das, was mir hier in Worten zugerufen wird und in rhythmisch getriebener Monotonie um mich herum wabert und mich unweigerlich mitzieht. Wer hier Feel-Good-Vibes erwartet, naja, hat vermutlich eine autokorrigierte Nachricht von Freunden bekommen „Hey, heute Konzert von Das Streben/ Das Stehlen/ Das Stehen/ Das Sternen!“.
Wie hat's Micha gegenüber Flip (Gesang, Gitarre/Bass) so treffend formuliert: „Ihr habt mich fertig gemacht! Aber positiv!“
Überzeugt euch selbst. Bei Schrägfunk gibt’s noch vor der offiziellen Veröffentlichung „Unsere Welt ist die Hölle“ zu hören.
Ansonsten natürlich Musik von Shitney Beers, Weezer, Swutscher, die neue Single von Parade und zweieinhalbmal irgendwas mit Essen ...
Nr | Artist | Titel | Album | Label | Jahr |
---|---|---|---|---|---|
01 | Parade | Home | Single | 2023 | |
02 | Weezer | Buddy Holly | Weezer (The Blue Album) | Geffen Records | 1994 |
03 | Shitney Beers | Hun so Low | this is pop! | Grand Hotel Van Cleef / Zeitstrafe | 2022 |
04 | Swutscher | Karussell | Wilde deutsche Prärie | Staatsakt. | 2018 |
05 | Weezer | No One Else | Weezer (The Blue Album) | Geffen Records | 1994 |
06 | Das Sterben | Unsere Welt ist die Hölle | Single | 2023 | |
07 | Bony Macaroni | Marissa | The Big Bucks | Redfield Records | 2023 |
08 | Feine Sahne Fischfilet | Kiddies im Block | Alles glänzt | Plattenweg Tonträger (Warner) | 2023 |
09 | Men I Trust | Billie Toppy | Single | 2022 | |
10 | Shitney Beers | Wasted Coffee | this is pop! | Grand Hotel Van Cleef / Zeitstrafe | 2022 |
11 | August August | Kaputt + Kein Hunger | Liebe in Zeiten des Neoliberalismus | popup-Records | 2022 |