Nächtens nicht umnachtet: Joachim Bruhn (1955–2019)
Mit Joachim Bruhn ist am 28. Februar 2019 ein wichtiger Kritiker, Essayist und Verleger gestorben. Das Institut für Sozialkritik und den Freiburger Ca-Ira-Verlag prägte Bruhn seit den achtziger Jahren wie kein Zweiter.
"Wer nicht polemisch schreibt, handelt im Angesicht des Kapitals unsachlich."
Die libertäre, "linkskommunistische" Ausrichtung war hier kein selbstgenügsames Etikett, sondern wurde immer intellektuell und diskursiv zu unterfüttern gesucht, die scharfe Kontroverse nicht scheuend. Bruhn wußte genau, daß man Marx' Werk und mit ihm die bürgerliche Gesellschaft nur durch Hegelsche Dialektik hindurch verstehen kann und dennoch fehlgeht, wenn dies zur bloß akademischen Studie gerät. Treibend war vielmehr die Einsicht und Erfahrung, daß der revolutionäre Impuls stets nur aus individuellem Leidensdruck erwachsen kann. Dementsprechend war es Bruhn stets darum zu tun, das kritische Erbe Theodor W. Adornos in Ehren zu halten – freilich nicht nach Art einer museal-philologischen Vergötzung, sondern in ihrem dezidierten Gehalt auf die Gegenwart bezogen.
Besonders bekannt wurde Bruhn für jenes sehr nachdrückliche Streiten gegen alle Spielarten des Antisemitismus, das ihm seit den Zeitenwenden, die mit 1989 und 9/11 umschrieben werden, bei seinen Gegnern den Ruf eines antideutschen Chefideologen einbrachte. Doch steht natürlich der Kampf gegen deutsche Ideologie in redlichster Tradition, von Marx (der den Begriff begründete) über Adorno (vor allem vs. Heidegger) bis Scheit (in unserer Zeit).
Jochen Bruhns ebenso erhellende wie polemische Einwürfe werden fehlen.
In dieser Sondersendung werden diverse Vorträge von Joachim Bruhn zu hören sein, allesamt interessant, alle leidenschaftlich.
Damit Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, auch nachts geistig nicht unterfordert oder gar umnachtet werden, senden wir hin und wieder eine Querfunk-Themennacht, unter dem Titel NÄCHTENS NICHT UMNACHTET.
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