Galoppierendes Geltungsbedürfnis: Der Clown ist der Mann
oder: Warum diese Gesellschaft den Horrorclown verdient hat. Ein Beitrag zur polit-ästhetischen Ikonografie
Kaum jemand findet Clowns lustig, vielmehr gehören sie seit Jahrzehnten schon zum Inventar von Gruselfilmen. Wenig lustig sind auch jene clownesken Gestalten, die zunehmend die politische Bühne bevölkern und von denen man sich doch wünschte, es wäre alles nur ein böser Traum, so grotesk mutet die jeweils eigene Mixtur aus notorischer Präsenz und zielsicherer Demagogie an. Allesamt sind sie gestandene Mannsbilder.
Scharfmacher wie Jürgen Elsässer und Horst Mahler, die - einst am linken Rand des bundesrepublikanischen politischen Spektrums angesiedelt - irgendwann ihr rechtsextremes Coming-Out hinter sich gebracht haben. Der eine mutierte vom Kritiker der deutschen Ideologie zum charismatisch sich wähnenden Prediger einer völkischen Sammlungsbewegung, den anderen, noch zählebiger, trieb seine bizarre Rochade gar von der Rote Armee Fraktion bis hin zu neonazistischer Holocaustleugnung.
Scharfmacher wie Donald Trump, die zwar keine linke Biografie mit sich herumschleppen, aber schon vom Erscheinungsbild her den Spagat schaffen von kindlich-grimassierender Naivität zu abgefeimtestem Zynismus. "Establishment" wollen sie alle nicht sein, und tatsächlich erkennen sich zunehmend - vornehmlich männliche - Modernisierungsverlierer in den narzißtischen Horrorclowns wieder.
Gemein ist allen solchen Phänomenen, daß einem geradewegs das Lachen im Halse steckenbleibt.
Zu hören gibt es diesmal drei Beiträge:
- "Die Maske mit dem schlimmen Lachen". Eine kurze Geschichte des bösen Clowns. Ein Essay von Georg Seeßlen (2016)
- "Das Lachen und das Unbewußte". Ein Vortrag von David Hellbrück (2015)
- "Der verunglückte Familienroman". Im Lebenslauf Horst Mahlers verdichtet sich die Psychopathologie des Postfaschismus. Ein Essay von Georg Seeßlen (2017)
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