Freitag, der 13. November 2015: „Ende der Spaßgesellschaft“
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Ein Kommentar.
Die Mutter aller Suchmaschinen – als ideeller Gesamtbetroffener – wartet auf seiner betont sachlich-schlichten und stilsicheren Startseite mit einer Trauerschleife auf, so als hätte eine Naturkatastrophe, ein Erdbeben etwa, die Menschen dahingerafft.
Nur wenige Stunden nach dem bis dahin unvorstellbaren Anschlag am 11. September 2001 salbaderte der deutschkonservative Islamversteher Peter Scholl-Latour in alle Mikrofone wichtigtuerisch vom „Ende der Spaßgesellschaft“, das nun gekommen sei. Als wäre er Übermittler eines Bekennerschreibens der frömmelnden Massenmörder. Doch erst jetzt hätte sein Getue so richtig wie der Arsch auf den Eimer gepaßt: Denn die angeblich Verzweifelten dieser Welt, religiöse Faschisten eigentlich, haben nicht die militärische Kommandozentrale des französischen Staats angegriffen, vielmehr trachteten sie Menschen nach dem Leben, die Spaß an diesem Leben hatten: Gourmets in Restaurants, Sportfans im Fußballstadion, Besucher eines Rockmusikkonzerts. Postmoderne Ideologen nennen das Symbolpolitik, seien es Anschläge auf das World Trade Center („Symbol des Weltkapitalismus“) oder auf Paris („Stadt der Liebe“, „welscher Sündenpfuhl“), so als ginge es nicht um das Leben von tausenden Menschen. Und um die Angst von Millionen.
Man kennt die Motive noch aus Afghanistan, das bis 2001 von Taliban („Koranschülern“) regiert wurde. Des Teufels und damit verboten sind demnach: Musik. Kino. Theater. Sport und Spiel. Alkohol. Unverschleierte Frauen. Freie Sexualität. Schönheit. Kunst. Bildung von Frauen. Säkulare Bildung. Säkulare Kultur. Öffentlicher Diskurs. Kapitalismus und Kommunismus. Eigentlich alles, was nicht borniert islamisch ist.
Ganz Beflissene, vor allem Kirchenfunktionäre, tönen (ganz wie am 11. September 2001) nun schon wieder, das habe natürlich mit dem Islam nichts zu tun, so wie ja auch kurioserweise der Islamische Staat mit dem Islam nichts zu tun haben soll, überhaupt gebe es „den Islam“ so gar nicht. Klar, heilige Inquisition und Hexenverbrennungen haben mit dem Christentum auch rein gar nichts zu tun gehabt. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.
Deutschland ist wieder mal fein raus. Natürlich verurteilt man die barbarischen Taten aufs Schärfste (wie schon nach 9/11) und die halbe Welt färbt sich blau-weiß-rot (Schröder am 11.9.2001: „Jetzt sind wir alle Amerikaner“). Aber ein Krieg sei doch das nicht. In völliger Verkennung der Dimensionen des Blutbads damals wie heute gefällt man sich darin, Augenmaß zu behalten und die Betroffenen einer Überreaktion zu bezichtigen. Bis das ganze mal in Köln, Frankfurt oder Berlin passiert.
Entweder hat man hierzulande bisher schlicht Glück gehabt, oder dieses Land („Germany! We love Germany!“) genießt im islamischen Kulturraum immer noch die Sympathien, die sich schon Nazideutschland dort erworben hat mit seiner großmäuligen, so antiwestlichen wie antikommunistischen (und natürlich kraß antisemitischen) Polterei und Ideologie.
Unisono (und ausnahmsweise zurecht!) warnen nun alle seriösen Politikerinnen und Politiker, man dürfe „die Flüchtlingsfrage“ nicht mit der Diskussion über die Amok-Attentäter vermengen. So wird ganz richtig betont, die Flüchtlinge, v.a. aus Syrien, seien doch eben vor den islamischen Mordbrennern namens IS geflohen. Rätselhaft bleibt indes, warum die Emigranten – ähnlich den antifaschistischen Exilanten, die nach 1933 bzw. 1938 in England oder Frankreich, den USA oder der UdSSR Schutz suchten – nicht in gleicher Konsequenz mit der rückwärtsgewandten Ideologie brechen, die ihnen die Misere eingebrockt hat, gerade sind sie doch dem inner-islamischen Gemetzel in Syrien, Irak oder Afghanistan entronnen. Aber warten wir mal ab, die Menschen sind wahrscheinlich gar nicht so dumm, wie man zunächst zu denken geneigt ist; es wäre ihnen zu wünschen. Die klügeren unter den ex-deutschen Emigranten, Marlene Dietrich oder Albert Einstein etwa, haben jedenfalls nicht nur mit dem NS gebrochen, sondern auch mit Volkstümlichkeit, Konformismus und Deutschland an sich. Auch wären sie nie auf die Idee gekommen zu behaupten, Nazis hätten mit Deutschland nichts zu tun.
Wenn der Islam von verbindlicher Lebensgängelung auf ein mit esoterischen Wellneß-Angeboten konkurrierendes Ideologieprodukt, eine Mode unter vielen, zurechtgeschrumpft ist (wie heute das Christentum in Europa), dann wäre schon viel erreicht.
Schon hört man, „die Dienste“, gemeint sind die Geheimdienste BND und der sogenannte Verfassungsschutz, sollten personell aufgestockt werden, von 500 neuen Stellen ist die Rede. Als wäre nicht längt erwiesen, daß speziell der sog. Verfassungsschutz in seiner eigentümlichen Verfahrens- und Schredderpraxis eben etwas ganz anderes protegiert hat als die demokratische Verfassung vor ihrer Aushöhlung, nämlich die Mordbande vom NSU vor ihrer Entdeckung.
Wann endlich begreift die sich so nennende Linke, daß sie die entschiedene Gegnerschaft zu reaktionären Weltanschauungslehren wie dem jihadistischen Islam nicht den Volkstümlern und Islamneidern, seien dies Breivik oder die NPD, Pegida oder die CSU (deren innenpolitische Vorstellungen sich nicht gar so sehr vom volksgemeinschaftlichen Konformitätsideal der Islamisten unterscheiden), überlassen darf, sondern originär aufklärerische und antifaschistische und somit „linke“ Selbstverständlichkeit ist? Daß man die Islamisierung nicht nur des Abendlandes, sondern vor allem des Morgenlandes verhindern muß? Und daß Islamkritik kein Rassismus sein kann – oder ist den Menschen die Ideologie etwa angeboren?
Redaktion "Sachzwang FM"
Zum Weiterlesen:
http://jungle-world.com/artikel/2014/34/50451.html