Erde untertan. Unterteile und herrsche
oder: Dual Use. Vorsprung durch Technik
Eine kleine Kulturgeschichte der Kolonisierung
In einem Anflug von historischem Materialismus skizziert Klaus Theweleit Jahrtausende währende Menschheitsgeschichte, in einem regelrechten Parforce-Ritt geht es von der Frühgeschichte der Menschheit bis hinein in die Neuzeit und Gegenwart. Ihn interessiert vor allem die Entwicklung von Rationalität (analytischem Denken, "instrumenteller Vernunft") und avancierten Kulturtechniken, die Theweleit auf Segmentierung und Sequenzierung herunterbricht.
Der zwieschlächtige Charakter der menschlichen Kulturentwicklung und Zivilisation mündet schließlich in eine äußere und innere Kolonisation. Theweleit beschreibt, wie sich Herrschaft in Körper und Geist der Menschen einschreibt. Die bisherige Geschichte des Fortschritts ist damit zugleich eine von Unterwerfung, Zurichtung und Selbstzurichtung.
Tierzähmung und Seßhaftwerdung, Sprache, Landwirtschaft und Handwerk, Schrift, Bergbau und Metallbearbeitung, Technik und Militär, Schiffahrt, das Alphabet, Kartografie und Buchdruck, Wissenschaften, Verwaltung, Elektrifizierung und Medien ... Vernetzung und Abstraktion, Formalisierung und Digitalisierung sind nur Stationen auf dem Weg zum ultimativen Siegeszug einer Sequenzierung, die längst das Denken der Menschen affiziert: Genom und Computer.
Und natürlich gilt: Eine Kritik der instrumentellen Vernunft kann, will man nicht sehenden Auges in die Vormoderne zurückfallen und in esoterischer Regression versumpfen, nur als eine Selbstkritik der Aufklärung gelingen.
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