Die Genese der deutschen Ideologie im 19. Jh.
"Was ist eigentlich typisch für Deutschland? Daß wir Frühaufsteher sind? Daß wir Ordnung lieben? Und immer pünktlich sind? Oder ist es unser Fleiß?" -- Das Lachen über eine Autoreklame kann einem schon mal im Halse stecken bleiben, bei so viel vorgeblicher Naivität und so wenig Ironie. Denn seit über 200 Jahren hat man fieberhaft nach einem Alleinstellungsmerkmal, dem deutschen Markenkern, gesucht.
Während sich Karl Marx vor 1848 unter dem Titel "Die deutsche Ideologie" noch an prominenten sog. Linkshegelianern und anderen Denkern des Idealismus abgearbeitet hat, beleuchtet der Soziologe Gerhard Stapelfeldt in seinem Vortrag vor allem die polit-ökonomische Seite des ganzen Komplexes, bis hin zu geopolitischen Betrachtungen ("deutscher Sonderweg", "verspätete Nation").
Und so gibt es einen fundierten Abriss der Ideen vom nationalen Liberalismus und der Gegenaufklärung des 19. Jahrhunderts bis zu den Autarkisten um 1914/18 und dem berüchtigten Kulminationspunkt all dessen nach 1933. Stapelfeldt zeigt, inwiefern dieser Prozeß von Anfang an alles andere als fortschrittlich war, bestand er doch im wesentlichen in einer Abgrenzung vom französischen und britischen Universalismus. Dabei kommen einflußreiche Ideologen wie F.C. v. Savigny, J.G. Fichte und F. List zu Wort, später komplettieren das Gruselkabinett Carl Menger und Adolph Wagner sowie die Herren Sombart, Tönnies, Naumann, Spengler und Schacht ...