Das große Entlarven. Wann wurds widerlich?
100 Jahre 1917: Was wurde aus der Oktoberrevolution? (Teil 4)
„Die Oktoberrevolution hatten den Bolschewiken die Macht in der Sowjetunion gebracht. Sonst nichts.“ ... schreibt der Historiker Eric Hobsbawm (†2012) in seinem Standardwerk über die Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts: Das Zeitalter der Extreme. „Macht war das einzige Instrument, das sie einsetzen konnten, um die Gesellschaft zu verändern.“
Nicht nur jährt sich die Russische Revolution zum 100. Mal, auch die – noch heute kaum faßbaren – Exzesse des stalinistischen Staatsterrors, der vor 80 Jahren seinen entsetzlichen Höhepunkt fand und die ganze sowjetische Gesellschaft in einen Zustand manischer Lähmung versetzte. Jeder, buchstäblich jeder konnte nun von den Polizeibehörden des NKWD abgeholt, „verhört“ und erschossen oder in die Arbeitslager des Gulag deportiert werden, niemand war gefeit. Das Jahr 1937 ist Chiffre für diese Staatsverbrechen.
„Die großen Säuberungsaktionen der dreißiger Jahre, die anders als der Terror früher gegen die Partei selbst und vor allem gegen ihre Führung gerichtet waren, begannen [...] erst, als viele abgehärtete Bolschewiken [...] die Grausamkeiten dieser Periode und die Opfer, die sie forderte, nicht mehr zu akzeptieren bereit waren. Zweifellos erinnerten sich viele an Lenins Entschluß, Stalin wegen seiner exzessiven Brutalität die Unterstützung als seinem Nachfolger zu verweigern.“ (Hobsbawm)
Drei Beiträge beleuchten Aspekte dieser Geschichte:
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„Oktoberrevolution 1917: Großer Aufbruch und tiefer Fall“
Menschen auf der ganzen Welt schöpften Hoffnung, als die Oktoberrevolution 1917 versprach, eine ganz neue Gesellschaft aufzubauen. Doch binnen weniger Jahre wurde aus Hoffnung Horror. Boris Marlow und Jan Maas über den Niedergang der Russischen Revolution. (2007) -
„Zum Teufel mit Stalin“
Olaf Kistenmacher über die Moskauer Prozesse 1936–1938 und den Antisemitismus in der Sowjetunion. (2014) -
„Nicht der Bürokrat, sondern der Proletenparvenu hat die Revolution verraten“
Der Arbeiterarzt Fritz Brupbacher sieht Stalinismus und Konterrevolution schon im Bolschewismus der 1920er Jahre angelegt. (1944)
„Es ist [...] schwer, mit dem undressierten russischen vorkapitalistischen Menschen, der durch Krieg, Revolution, Bürgerkrieg etwas verlaust worden ist, eine neue ökonomische Gesellschaft aufzubauen. Die Bürokraten suchen es mit Gewalt zu schaffen. Sie wollen durch Dekret und GPU die neue Welt schaffen. [...] Zwanzig Jahre lang haben die Bolschewiki daran gearbeitet, den Apparat zu schaffen, der sie schließlich zugrunde richtete. Wenn dieser Apparat nicht alle tötet, die davon zu berichten wissen (was schon möglich ist), wird der letzte Bolschewik die Tragödie des Irrtums der Bolschewiki erzählen: Wie Lenin die Revolution, die er geschaffen, zugrunderichtete.“ (Brupbacher)
Wäre sie nicht so dumm und verkennte sie nicht die wirklichen Konflikte, man wäre fast geneigt, der Totalitarismusdoktrin noch etwas abzugewinnen – angesichts der Entwicklungen der dreißiger Jahre in Europa und der UdSSR.
Sachzwang FM ... in mono, aber: dialektisch.
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