Kritik der Gewalt
Zur Kritik der Gewalt gibt es beständigen Anlaß, nicht erst nach Ereignissen wie dem Treffen der G20 in Hamburg 2017. Diese Kritik widersetzt sich den Regimes, die die Intensitäten des Politischen einer Logik von Verwaltung und Polizei überantworten wollen, um als "Postdemokratie" zum Gesetz des Handelns zu werden. Sie widersteht deshalb dem abstrakten Imperativ, der eine pauschale Distanzierung von jedweder Gewalt zur Voraussetzung machen will, um überhaupt noch das Wort ergreifen zu dürfen. Nie nämlich erfinden die Unterworfenen die Gewalt; stets finden sie sie vor. Wie also sollten sie sich "distanzieren" können, wo sie ihr täglich ausgesetzt sind? Dies nicht erst da, wo die Systeme, in ihren Peripherien, die ökonomische Gewalt mit der militärischen verschränken und die Zahl ihrer Opfer in immer neue Höhe treiben. Subtil nistet die Gewalt bereits in Strukturen, deren Rechtsordnung zum Schweigen nötigt, was in deren Idiom nicht zur Sprache kommen kann. Eine Kritik der Gewalt sucht deshalb die Bruchstellen auf, an denen die Verfügungen des Rechts ein solches Schweigen erzwingen wollen und beständig erneuern. Deshalb sind dieser Kritik die Beziehungen zentral, die zwischen der Gewalt und der Sprache bestehen. Keineswegs legitimiert sie den sprachlosen Gewaltexzeß, der selbst zum Teil einer herrschenden "Eventkultur" wurde, wenn er Figuren einer Selbstermächtigung feiert, die sich an sich selbst berauscht. Zu keinem Zeitpunkt vergißt eine Kritik der Gewalt, was sie Walter Benjamin verdankt: "daß es eine in dem Grade gewaltlose Sphäre menschlicher Übereinkunft gibt, daß sie der Gewalt vollständig unzugänglich ist: die eigentliche Sphäre der 'Verständigung', die Sprache."
Eine Sendung von 2017