Saturiert, etabliert, domestiziert. Glamouröse Krise
In den siebziger Jahren klingt Rockmusik – nachdem Rock'n'Roll und Beat, Psychedelic- und Prog-Rock jeweils innovativ, ja revolutionär gewirkt haben – zum erstenmal wie eine Farce. In einer eigenartigen Zwischenzeit, die vielleicht den Beginn der popmusikalischen Postmoderne markiert, ist die Jugendrebellion der klassischen Ära bereits abgeklungen und "angekommen", neue Formen der Subkultur haben sich aber noch nicht entwickelt: die Gegenkulturen von Punk und New Wave werden erst gegen Ende des krisenhaften Jahrzehnts die westliche Welt erschüttern. Erst als die Musik ihr – hörbares – intrinsisch-dynamisches Aufbegehren eingetauscht hat gegen eine versteinerte, zunehmend klischeehafte Pose, ist sie um 1980 dazu reif, von äußerlichen Politisierungsversuchen in Beschlag genommen, vereinnahmt und instrumentalisiert zu werden, so partikular wie szenegerecht: Juso-Rock, Frauenemanzipation, Punk-Linksradikalismus, Öko-Hippie-Folk, Homosexuellen-Bewegung, ...
Instant-Hedonismus Im ästhetischen Niemandsland der frühen 1970er Jahre zwischen nicht-mehr und noch-nicht ist der sogenannte Glam Rock angesiedelt, eigentlich eine Karikatur seiner selbst, ja von Rockmusik, Popkultur und Mode überhaupt. Was vermag er von der damaligen Zeit zu künden, die nun ein halbes Jahrhundert vergangen ist? Mit den siebziger Jahren brach die Zeit der Rocklexika und Sozialarbeiter an. Die Musik der Dekade – wir sprechen vom Mainstream, von Popmusik, worunter hier noch eine Menge "Rock" fällt – klingt in ihrer überwiegenden Mehrheit warm, freundlich und vor allem unbeschwert, über alle Maßen entspannt. Kein Vergleich zum doch so oft abgründigen oder doch zumindest Problematiken wälzenden Beat oder Hard Rock. Jeglicher Antagonismus scheint verflogen, als wäre die Menschheit bereits eine versöhnte, ungeachtet von Lehrlingsrevolte und Vietnamkrieg, Radikalenerlaß und Ölkrise. Als habe uns die Revolution als bloß sexuelle und kulturelle, nicht aber soziale, bereits die befreite Gesellschaft beschert – ein Hippietraum als Realitätsverleugnung.