Tropfen auf dem kalten Stein

Die Musik von Depeche Mode war in den frühen und mittleren 80er Jahren nicht weniger als eine Offenbarung. Sicher, es hatte schon länger elektronische Musik gegeben, etwa von Pierre Henry oder von Kraftwerk, von Cabaret Voltaire oder von Gary Numan. Alle diese waren jedoch entweder avantgardistische Tonkünstler im kulturbürgerlichen Sinne oder Geheimtipps für den gehobenen Geschmack eines Independent-Milieus, im neodadaistischen Fortgang von Prog- und Artrock, jedenfalls mehr Kunst als Pop.
Depeche Mode bewältigten, vielleicht ohne es im Schilde zu führen, die Quadratur des Kreises. Die Synthese nämlich von tanzbarer Popmusik in Großdiskotheken und avantgardistischen Einflüssen. Dominierte bei Kraftwerk noch ein überaus nüchternes, technoides Bastler- und Künstlertum, das auch keine Schule von Epigonen nach sich zog, so tritt der Sound von Depeche Mode eine breite Welle los. Die sich in den 80er Jahren rapide entwickelnde Digitaltechnik erlaubt eine Vielzahl von Effekten, die zuvor nur äußerst kompliziert oder gar nicht zu erzeugen waren. Sampler, Sequencer, Synthesizer, ein gänzlich neuartiger Gerätepark entsteht zeitgleich zu den ersten Home-Computern und macht die Produktion elektronischer Popmusik zu einem Kinderspiel. Doch Depeche Mode erliegen nicht einem kurzsichtigen Spieltrieb, sie komponieren so subtile wie massentaugliche Musik, kühl und artifiziell, wie sie noch kein Ohr gehört hat.

 

In memoriam Andrew Fletcher †

 

Sendetermin
Samstag, 11. Juni 2022 - 22:00 bis 23:00
Wiederholung
Dienstag, 14. Juni 2022 - 23:59 bis Mittwoch, 15. Juni 2022 - 1:00
Mittwoch, 15. Juni 2022 - 14:00 bis 15:00
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