Bleibt unlocker!
Die Läden haben wieder geöffnet. Alle reden von Lockerungen. Viele beziehen diese auf das Soziale, rücken wieder näher zusammen. An die Freunde, an die Verwandten. "Wurde ja auch mal langsam Zeit!", hört man sie sagen. Mal fünfe gerade sein lassen, man habe ja schon genug entbehrt, und außerdem: Lockerungen und so. Man mag denken, dass die Krise so langsam überstanden sei, so fühlt sich das irgendwie an, ist nachvollziehbar. Aber: die Krise ist weiterhin voll da.
Die Lockerungen sind wirtschaftliche Lockerungen, die Reproduktionszahl wird durch die wirtschaftlichen Lockerungen steigen. Ganz klare Sache, das ist eine physikalisch-chemisch-biologische Konsequenz, die durch die Mathematik ausgedrückt wird. Wenn der Wert leicht unter 1,0 ist nimmt die Anzahl der Infizierten zwar ab, es wird zwar besser, aber trotzdem nicht gut – weil man damit eine Pandemie theoretisch abschaffen, aber sicher nicht praktisch abschaffen kann. Wenn die Reproduktionszahl nur leicht über 1,0 steigt, ist relativ schnell ein Riesenproblem da: zu wenig Intensivplätze im Krankenhaus. Wir pendeln uns gerade so bei 1,0 ein. Möglicherweise leicht besser, aber was passiert nach den Lockerungen, also allein durch diese? Und was, wenn wir jetzt auch noch selbst locker würden? Wir haben keine italienischen oder spanischen Zustände, weil wir früh eingegriffen hatten, und nicht, weil wir uns das Virus weniger anhaben kann oder konnte. All das setzen wir gerade auf's Spiel.
Umso wichtiger, dass wir uns sozial weiterhin distanziert geben. So lange, bis für einen sozial-gelockerten Umgang eine Lösung da ist. Weil wir noch immer ein System brauchen, das zum einen den sozialen Kontakt ermöglicht und zum anderen diese Reproduktionszahl trotzdem im Zaum halten kann. Dieses System haben wir aber noch nicht. Träumt von einer besseren Zukunft und arbeitet aktiv und sinnvoll daran mit, dass diese für uns alle möglich wird!
Die Gefährlichkeit des Virus hat sich bisher null reduziert. Wir haben derzeit die Bestie – beschönigt ausgedrückt – nur gezäumt bekommen, sie richtet immer noch massiven Schaden an, aber einen, den wir offensichtlich zu zahlen bereit sind. Die Lockerungen sind keine Maßnahme der Entspannung – etwa weil wir über'n Berg wären – sondern die wirtschaftlichen Lockerungen sind ein Tradeoff. Denkt bitte daran, wenn ihr das nächste Mal die Lockerungen als Argument anbringen wollt, warum ihr jetzt wieder eure Jungs oder eure Mädels oder noch derber: eure Oma besuchen geht.
Ein Kommentar der Redaktionen Musikgeschichten, Sonia und Music and Quotes.