Was doch aber auffällt

Eine Kolumne der Redaktion Sachzwang FM

Abgesehen vom derzeitigen Skandal habe ich mich schon immer gefragt: Wie naiv muß der deutsche Michel (Grundschullehrer) sein, mit dem Handzeichen türkischer Faschisten eine harmlose Geste ("Schweigefuchs") zu verwechseln? Manch migrantisches Schulkind sagt dann zuhause sicher: Unsere Lehrerin ist auch mit im Boot ...

Seltsam finde ich aber die Begründung für den Eklat um den "Wolfsgruß" des türkischen Fußballstars: Es heißt ja nicht, der muß sanktioniert werden für faschistische Stellungnahme, sondern wohlgemerkt wegen "politischer" Stellungnahme, das habe im Sport nix zu suchen.
Das Eintreten für gesellschaftlichen Fortschritt ist demnach genauso verwerflich wie ein menschenfeindliches Bekenntnis. Das ist ja fabelhaft. Dafür liebe ich die politische Mitte, ach wie ist sie um Neutralität und Ausgewogenheit und Gerechtigkeit bemüht!

Aber seltsamerweise wird das Eintreten für "Diversität" nicht in diesen aufgeladenen links/rechts-Battle-Kontext eingeordnet, es ist ja in der Öffentlichkeit weitgehend akzeptiert, wenn nicht offiziell propagiert: unpolitische Gutheit quasi. Wahrscheinlich aber auch nur, weil die herrschende neoliberale Ideologie damit kein Problem hat: "Diversität" an sich zeigt sich ja nicht nur am Individualismus der sexuellen Präferenzen, Haarfarben und Gewichtsklassen, sondern auch an der Diversität von Jetset-/Yachtenmilieu und Flaschensammlern, die unter Brücken schlafen. Ist das nicht eine hübsche bunte Welt?

Und wenn ein enfant terrible wie Max Krah (AfD) in trivialen Videobotschaften seinen dumpfen Adressaten verbindlich dekretiert: "Das ist eine pride-Mannschaft, das braucht man sich nicht anzugucken!", dann muß man dem stolzen Deutschen sagen, er hat da irgendwas nicht verstanden (wie übrigens auch die pride-Freunde): Stolz ist Pride. Und Pride ist Stolz. Siehe Wörterbuch. Die US-amerikanischen Proud Boys sind rechtsradikale Trump-Fans, die haben ihren ganz eigenen Pride.

Dummheit und Stolz wachsen am selben Holz. (Sprichwort)
Das sei den Identitätspolitikern – der Rechten und der pseudo-Linken (denn links gibt es keinen Stolz und keine Heimat und nichts identitäres) – ins Stammbuch geschrieben.