Verdeckte Ermittlerin als Journalistin

Von 2000 bis 2006 war eine verdeckte Ermittlerin in der Hamburger linken Szene rund um die Rote Flora aktiv. Zunächst für das Landeskriminalamt Hamburg, später für die Bundeanwaltschaft. Allein die Länge der verdeckten Ermittlungen und die Zuständigkeiten lassen viele Fragen offen: zum Beispiel, warum die Hamburger Szene für die Sicherheit der Bunderepublik relevant sei? Denn im Einsatz war die Ermittlerin für die Bundesanwaltschaft.

Von 2003 bis 2006 war die verdeckte Ermittlerin auch in den offenen Redaktionsstrukturen des Freien Senderkombinats (FSK) aktiv. Beim Freien Radio in Hamburg (FSK) produzierte sie Sendungen, war journalistisch aktiv und hatte Einblick in die redaktionellen Abläufe des Senders. Als Polizeibeamtin verletzte sie dadurch Redaktionsgeheimnis und Quellenschutz und damit die Pressefreiheit. Brisant dabei ist auch, dass 2003 die Redaktionsräume des Freien Sender Kombinats von der Polizei durchsucht wurden wegen eines angeblich nicht autorisierten Interviews mit einem Pressesprecher der Polizei. 2011 wurde diese Durchsuchung vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig erachtet. ( https://dju.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++23ca740a-666a-11e4-9b73-52540059119e )

Der Bundesverband Freier Radios (BFR) sieht in dem Einsatz der verdeckten Ermittlerin beim FSK Hamburg einen schweren Eingriff in die Rundfunkfreiheit, der deren besonderen verfassungsrechtlichen Schutz ignoriert habe. Daher fordert der BFR, dass der Erste Bürgermeister von Hamburg, Olaf Scholz, und der gesamte Senat unverzüglich alle Umstände aufklären, die zu dem Einsatz der verdeckten Ermittlerin gegen das FSK führten. Der BFR erwartet Konsequenzen für all diejenigen, die an Planung und Realisation dieser verfassungswidrigen Aktion verantwortlich beteiligt waren.

Martin Dieckmann, Fachbereichsleiter Ver.di/dju des Landesbezirkes Nord, forderte in einer Pressemitteilung: „Der Senat muss erklären, wie er den Schutz eines staatsvertraglich zugelassenen Senders gewährleisten will.“ (http://www.freie-radios.de/medienpolitik/14216-erklaerung-zum-einsatz-einer-verdeckten-ermittlerin-des-lka-hamburg-beim-freien-sender-kombinat-in-hamburg.html )

Radio Dreyeckland, das Freie Radio in Freiburg, fragte bei der baden-württembergischen Landesregierung nach, ob verdeckte Ermittlungen bei Freien Radios in Baden-Württemberg ausgeschlossen seien. Das Innenministerium verwies daraufhin lediglich auf die entsprechenden Gesetze und schloss eine verdeckte Ermittlung damit nicht generell aus.

 

Mehr Informationen u.a. beim Freien Senderkombinat: www.fsk-hh.org

Audio-Beiträge zum Thema (Suchbegriff „Ermittlerin“): www.freie-radios.net

 

Der Text ist als Editorial im Querfunk-Programmplan Januar bis April 2015 erschienen.

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