Guten Morgen, Deutschland!

Deutschland hat gewählt. Ein Kommentar

Ah Eff Deh nichts als Ah Effdeh Allah Mismus Ah Effdeh Ah Eff Deh

War noch bis vor kurzem „A – Anti – Anticapitalista“ die links-identitäre Losung schlechthin, die den Drittwelt-Exotismus besonders gefühlslinker Bewegungshuber – wenig virtuos – mit penetrantem Jambus-Versmaß und eklatanter Ideenarmut zu kombinieren und „auf die Straße“ zu tragen angetreten war, so ist die Parolenlinke spätestens seit der jüngsten Bundestagswahl auf der Suche nach einem neuen, knackigen Schlachtruf, der ihre zu kaum mehr als zum Bekenntnis taugende Abneigung gegen die neu ins Parlament einziehende Partei bekunden wird ... „AfD, AfD“, jetzt muß nur noch ein knackiger Reim her, und die selbstgenügsame Sloganwelt ist wieder in Ordnung.

„A – Anti – Anticapitalista“ ist in mancherlei Hinsicht bezeichnend für die geistige Verfassung einer sogenannten Linken, die einerseits immerzu meint, der Bevölkerung Avancen machen zu müssen derart, daß sie den Angeboten der Rechten Paroli bietet in einem Modus, der sich eher als Rivalität denn als Gegnerschaft beschreiben läßt; und die andererseits seit bald hundert Jahren genau daran beständig scheitert, zumindest hierzulande. „A – Anti – Anticapitalista“: Nach ähnlich geisttötenden Buchstabier- und Deklinationsübungen, die zudem noch als vermeintliche Agitation – zumeist von sich links dünkenden Jungmännern – mißverstanden werden, ist man also wohl auf der Suche nach einem schmissig-griffigen Slogan.

Die ans Hysterische grenzende Dauerthematisierung der wutbürgerlichen Alternativpartei ist längst genau so nervtötend wie diese selbst. Es sind dies nur zwei Spielarten desselben gesellschaftlichen Konformismus: „Die Medien“ und die – zumindest bisher – linksliberale Zivilgesellschaft (die nicht müde wird, die rechten Kräfte ausgerechnet aus der Gemeinschaft der „Demokraten“ zu exkommunizieren) sind ebenso wenig gewillt, sich von manifestem Widerspruch auf die Probe stellen zu lassen, wie die sich in selbstmitleidiger Pose gefallenden Volksempfinder. Sie haben sich in ihrer Schmollecke häuslich und vor allem ländlich, gauländlich eingerichtet und warten auf ihre große Stunde, wenn endlich mit den „Volksverrätern“ abgerechnet wird. So faschistisch sind sie wirklich, die Wortwahl ihrer motzenden Fans deutet das klar an.

Einstweilen mögen Weidel und Gauland so fremdenfeindlich und chauvinistisch sein, wie sie tatsächlich sind – eloquenter und weniger erbärmlich als parolendreschende Testosteron-Linke sind sie leider allemal, inszenieren diese sich doch ohne Not als Komplement zu krakeelenden Wutbürgern. Wer sich im Modus des Pöbelns und Polterns mit den Rechten messen will, möge das tun, jeder disqualifiziert sich schließlich auf seine Art.

Stolze Deutsche

Was, kaum überraschend, am 24. September 2017 passiert ist, ist nicht der Untergang des linksliberalen Abendlandes, sondern ein Stück europäische Normalität. Hatte man sich hierzulande – spätestens seit dem „Aufstand der Anständigen“ (Schröder) – im Land der reumütig Geläuterten gewähnt, im vernünftigsten Land der Welt, der Nation der Aufarbeitungsweltmeister, so fällt der zivilisatorische Bonus, den man jahrelang einstreichen zu können meinte, endlich weg. Jetzt hat auch die Bundesrepublik die rechtspopulistische Partei, die sie verdient, mit unschönen aber kaum furchteinflößenden 13%. Wie in Österreich „die Freiheitlichen“, in Schweden die „Schwedendemokraten“, in Finnland die „Wahren Finnen“, in England die Ukip, in Ungarn die Fidesz, in Italien die Forza Italia oder Lega Nord. Eher verlogen als naiv, zu glauben, daß in Deutschland das Problem mit den Bornierten nicht existiert habe – nur wegen bisherigem Mangel an attraktiven rechten Parteien und der Fünfprozenthürde.

Wenn man wirklich adressatengerecht sprechen muß, um überhaupt verstanden zu werden in diesen Zeiten, dann muß man wohl im angesagten Holzschnittsprech schwadronieren, „wir müssen uns ehrlich machen“, „wir“ dürfen nicht länger so tun, als ob es nicht in jeder sich auf Konkurrenz gründenden Gesellschaft – zumal in Zeiten der ökonomischen Krise – einen bestimmten Anteil (nennen wir ihn ruhig moralisch-intellektuellen Bodensatz) der Bevölkerung gibt, der rationalen, geschweige denn humanistischen Argumenten nicht zugänglich ist, sondern völkisch tickt. Demoskopische und soziopsychologische Erhebungen warten seit Jahrzehnten mit einem – bisher latenten – autoritären bzw. faschistischen Potential auf, das sich in einer Größenordnung von 15% bis 30% bewegt, ein Viertel der feinen Gesellschaft also. Es ist müßig, darüber zu spekulieren, ob dieses besser in schlummernder Latenz, quasi verpuppt verbleibt, sich als unterdrückte Minderheit fühlend, als Rächer der entrechteten Volksgemeinschaft – oder ob es sich outet, in häßlicher Präsenz, gleichwohl von öffentlicher Meinungsführerschaft weit entfernt, und so möglicherweise entzaubert werden kann.

Dazu bräuchte es aber etwas mehr als wohlfeile Empörung und selbstgerechte moralische Entrüstung. Das ganze Geblöke, die Schelte gegen „die Politiker“ (sollte sie jemals einen rationalen Kern gehabt haben und nicht restlos aus Ressentiment gespeist sein) kann nun jedenfalls umstandslos auf die Rechtspopulisten selbst ausgeweitet werden, sind sie doch nichts weiter als: Politiker.

Ernüchternde Parteienlandschaft

Und so wenig die Linkspartei einem „Kommunismus“ den Weg ebnet, sondern eher sozialdemokratisch, eine Art USPD ist, so wenig läßt sich die Alternative-für-Deutschland als neue „Nazis“ bezeichnen, vielmehr hat man es mit einer modernisierten DNVP zu tun. An dem gängigen Lamento, die Ära Merkel habe eine Sozialdemokratisierung der nationalkonservativen CDU betrieben, während in der Ära Schröder eine Sozialdarwinisierung der SPD ins Werk gesetzt worden sei, ist so viel wahr, daß es tatsächlich Ausdruck einer eigentümlichen Konvergenz ist, daß sich nicht erst in den vergangenen 20 Jahren SPD und CDU sukzessive – stellenweise bis zur Ununterscheidbarkeit – angeglichen haben, wie ja auch ihrerseits FDP und Wirtschaftsgrüne. Der Politologe Johannes Agnoli spottete mit Blick auf die Volksparteien schon vor 50 Jahren von jener „pluralen Fassung einer Einheitspartei“, mit der man es in der postnazistischen Bundesrepublik zu tun habe.

Lediglich „Protestwähler“ sollen das sein, heißt es nun allerorten. Die meisten würden ihre Stimme dem sog. „politischen Rand“ nur geben, um den großen Parteien einen „Denkzettel“ zu verpassen, einen Wink mit dem Zaunpfahl. Zaunpfahl, passend zu Mistgabeln und Galgen, die schon auf Demonstrationen mitgeführt wurden und einiges über die Geistesverfassung dieser Menschen verraten. Eher Abneigung gegen die etablierten Parteien als Zuneigung zur AfD sei also im Spiel, heißt es. Doch verhält es sich nicht umgekehrt genau so? Pilgerten nicht, die gestiegene Wahlbeteiligung spricht eine deutliche Sprache, zahllose eher entpolitisierte Gestalten zur Wahlurne, um einen Erfolg der Rechtspopulisten zu vereiteln, indem man bei beliebigen anderen Parteien sein Kreuzchen macht? Hieß es nicht in allen Medien, auf allen Kanälen: Gehen Sie wählen, diesmal ist es wichtig!

Salonfähig?

Die parlamentarischen Schmuddelkinder jedoch, beide Parteien (PDS, heute Linkspartei ebenso wie nun die AfD) werden weitestmöglich geschnitten, sobald sie sich qua Wahlerfolg erdreistet haben, das bundesdeutsche, per Fünfprozentklausel auf Statik gebürstete Meinungskartell anzutasten. Während aber die Linkspartei teilweise bis heute, fast 30 Jahre nach dem Untergang der DDR, als nicht realitätstauglich bzw. nicht politikfähig stigmatisiert wird (nur die Schelte als „Kommunisten“ hat nachgelassen), ist bei den strammen Patrioten der AfD zu erwarten, daß die Berührungsängste seitens CDU/CSU nach spätestens 5 bis 10 Jahren einer pragmatischen Mischung aus Konkurrenz und Kollegialität gewichen sein werden.

 

Redaktion Sachzwang FM